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Historische Städte in South Carolina (Charleston und Georgetown)

Charleston − Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von den gesprächigen Holländern. Wer weiss, ob, wo und wann man sich wieder trifft? Reisepläne haben Rita und Jan jedenfalls noch viele. Während die beiden bereits losfahren, kaufen wir bei WalMart ein Mittel gegen Ölverschmutzungen, womit wir das Heck von Nanuq reinigen. Frisch herausgeputzt bringt uns Nanuq danach in die etwa 170 km entfernte Stadt Charleston in South Carolina. Der Ort wartet zwar gleich mit zwei Visitor Center auf, wobei aber bei beiden die Parkplätze überdacht sind. Mit unserer Kiste auf dem Dach sind wir dafür natürlich zu hoch. Es dauert darum etwas länger, bis wir einen Parkplatz für Nanuq gefunden haben.

Charleston ist eine koloniale Hafenstadt und in ihrem historischen Distrikt findet man unzählige Gebäude aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die ehemaligen Villen der Pflanzer- und Händlerelite zeugen noch heute von den «goldenen Zeiten» einer einst blühenden Handelsstadt. Bis zum amerikanischen Bürgerkrieg (Sezessionskrieg 1861 − 1865, s. Bericht: Geschichtsträchtiger Süden) war Charleston ein wichtiger Umschlagplatz für Baumwolle und besass den grössten Sklavenmarkt der USA. Nach dem Krieg sank die Stadt in die Bedeutungslosigkeit ab und erholte sich erst wieder im Zweiten Weltkrieg, als die Marine im Hafen von Charleston Werftanlagen errichtete. Die lange Zeit der wirtschaftlichen Schwäche erwies sich für Charleston als Segen. Da das Geld für eine Modernisierung fehlte, wurden die historischen Gebäude erhalten.

 

Stadtrundgang − Ähnlich wie New York’s Manhattan liegt die historische Innenstadt von Charleston auf einer schmalen Landzunge, welche im Westen vom Ashley und im Osten vom Cooper River begrenzt wird. Am besten erkundet man Charleston zu Fuss oder in einer Pferdekutsche. Wir entscheiden uns für die erste Variante und laufen los. In den Markthallen des Old City Market sind heute hauptsächlich Souvenirgeschäfte untergebracht. Davor bietet ein Afroamerikaner seine geflochtenen Körbe an.

Weiter geht unsere Erkundungstour vorbei an historischen Gebäuden mit hübschen Gärten und grossen Veranden Richtung Süden zur «Battery». Diese liegt im südlichsten Zipfel der Halbinsel und besteht aus einer schönen Uferpromenade und einer Grünanlage namens White Point Gardens. Zu sehen sind hier auch Nachbauten jener Kanonen, die das gegenüberliegende Fort Sumter einst unter Beschuss nahmen und damit im April 1861 den Civil War auslösten.

Gerne hätten wir uns den «Old Slave Mart» angesehen. Heute beherbergt der ehemalige Sklavenmarkt ein Museum, welches das dunkle Kapitel des Sklavenhandels aufarbeitet. Leider ist die Ausstellung momentan wegen Umbauarbeiten geschlossen. Beim «Historic Dock Street Theatre» haben wir mehr Glück und können einen Blick ins Gebäude werfen. Es stammt aus dem Jahre 1809 und war ursprünglich ein Hotel für Plantagenbesitzer. 1935 wurde es von der Stadt Charleston restauriert. Dabei wurde die Fassade und der Eingang des Hotels erhalten. Das Innere wurde einem Londoner Theater aus dem Jahre 1730 nachempfunden. Bei unserem Besuch sind Bühnenbildner daran eine neue Kulisse zu bauen.

 

Zwielichtig − Wir verlassen die Stadt und suchen uns einen Übernachtungsplatz. Ein WalMart auf der rechten Seite kommt uns deshalb nicht ungelegen. Wir fahren auf den Parkplatz und halten an. Doch etwas stimmt nicht. Zum ersten Mal auf dieser Reise haben wir ein ungutes Gefühl. Der Laden macht einen heruntergekommen Eindruck und der Parkplatz selbst ist nur spärlich beleuchtet. Wir studieren die Öffnungszeiten und stellen fest, dass das Einkaufszentrum schon bald schliesst, also keinen 24h Betrieb hat. Der Ort und die Leute, die hier unterwegs sind, gefallen uns nicht. Wir fahren weiter. So gelangen wir noch heute bis nach Georgetown, wo wir im Carl’s Jr. einen Burger verzehren und auf einem beleuchteten und freundlich wirkenden WalMart Parkplatz übernachten.

 

Georgetown − Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg in die Altstadt von Georgetown. Dabei kommen wir an grossen Papier- und Stahlfabriken vorbei, welche heute zu den grössten Arbeitgebern der Stadt zählen. Georgetown besitzt ähnlich wie Savannah und Charleston kolonialen Charme, ist aber bedeutend kleiner. Entlang der Front Street reihen sich hinter pastellfarbigen Fassaden gemütliche Cafés, Galerien und Läden aneinander. Dahinter verläuft der Harborwalk, ein Holzsteg, entlang des Sampit River. Leider trügt die Idylle... vom anderen Ufer weht uns ein unangenehmer Duft von den Fabriken entgegen. Ansonsten lässt dieser Ort aber absolut Ferienidylle aufkommen.

Weiter erkunden wir ein paar Quartierstrassen, wo man noch mehrere Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert findet. Sie gehörten früher den Plantagenbesitzern, welche sich in den Sommermonaten in die Stadt verzogen, um vor der Hitze und der Malariagefahr auf ihren Reis- und Indigoplantagen zu flüchten. Die Reisernte war sehr aufwendig und anstrengend und wurde ausschliesslich von afrikanischen Sklaven verrichtet. Vor dem Sezessionskrieg waren im Bezirk von Georgetown 85% der Einwohner Sklaven! Mit dem Sieg des Nordens und der Abschaffung der Sklaverei, folgten für Georgetown und die Südstaaten schwere Zeiten. Heute lebt die Stadt, wie bereits oben erwähnt, vor allem von der Industrie (Papier, Stahl etc.), der kommerziellen Fischerei und dem Tourismus. (Mehr zum Thema Sklaverei & Sezessionskrieg unter «Geschichtsträchtiger Süden»)

Die alten Häuser haben meist grosse, von Säulen gestützte Veranden und Balkone. Ein sehr schönes Beispiel hierfür ist das Kaminsky Haus, welches heute ein Museum beherbergt. Ein paar Häuser haben ein Verkaufsschild im Garten stehen. Wir fragen uns, wieviel sie wohl kosten mögen.